Wanderstäbe

Ob schwammerlsuchen oder (Berg)wandern – ich bin mit meinem Wanderstab unterwegs. Ein Wanderstab hat nichts mit Nordic Walking zu tun, ein einfacher, halbwegs gerader Stock tut seinen Zweck. Und was ist ein Pilger ohne Stab…

In Darstellungen und Skulpturen findet man Stäbe ohne Ende: Hirtenstäbe, Wanderstäbe, Pilgerstäbe, Bischofsstäbe – vielleicht eines der wenigen Objekte wo die Diskussion “authentisch oder nicht” keinen Grund zur Anwendung findet.

Meine früheren Stäbe im Einsatz, damals ging es noch nicht ums Mittelalter:

Die Stäbe sind über die Jahre etwas elaborater geworden. Griffe aus geflochtenem Leder, Leinöl, poliert, und jetzt macht mir sogar Der Scheunenschmied schon extra große Nägel als Spitze. Früher hab ich große Messingschrauben (Abriebfläche) mit einer kleineren Schraube unten fixiert.

Die Herstellung:

Schon beim Wandern halte ich immer Ausschau nach gerade gewachsenen jungen Eschen, Haseln, Ahornbäumen. Leichte Krümmungen oder Astansätze sind kein Problem. Dicke nach Belieben – ist allerdings eine Gewichtsfrage. Er sollte gut in der Hand liegen, aber nicht zu massiv sein, gerade für längere Touren. Dann entrinde ich möglichst schnell im nassen Zustand. Bogenbauern wird es ein Begriff sein: ich trage bis auf den äußeren Jahresring ab, das ist die erste stabile Holzschicht unter der Rinde. Und ich achte drauf diese nicht zu durchschneiden, damit hab ich eine glatte Oberfläche die sich später gut polieren lässt. Dann wird der Stab flach gelagert und mal für ein Jahr oder länger vergessen.

Ist der Stab gut getrocknet richte ich den Stab mit Wasserdampf weitgehend gerade aus. Und schneide auf die gewünscht Länge, die ich an der Körpergröße orientiere. Stehend sollte die Mitte des Griffbereichs so angesetzt sein das ich den Arm leicht nach oben abgewinkelt habe. Das gibt genug Spielraum um beim bergauf-bergab gehen nach oben oder unten umgreifen zu können. Dann schleife ich den Stab bis zur Politur, montiere die Spitze (wichtig, sonst wird der Stab vor allem auf Asphalt oder Geröll schnell kürzer) und lasse ihn mit Leinöl und Hartwachs ein. Anders als meine Pfeile wird nicht gebeizt – die Stäbe kriegen mit den Jahren eine Patina und Kratzer, die ev. durch die gebeizte Schicht durchgehen würde, das sieht nicht schön aus. Optional kann man auch das Holz etwas mit der Heißluftpistole oder dem Lagerfeuer anflammen.

Bei der Spitze gilt: Achtung beim montieren damit der Stab nicht reißt. Unbedingt vorbohren, egal ob geschmiedeter Nagel oder Schraube. Und – nicht ganz mittelalterlich – zur Sicherheit fixiere ich immer mit 2-Komponenten-Epoxy. Die Spitze kommt bei mir immer an das dünneres Ende des Stabs – damit ich bei einem schlanken Stab den Griff im dickeren Bereich habe.

Die Ledergeflechte die ich mache sind optional, sprich sowohl Zierde als auch für besseren Griff. Ausreichend wäre es mit Messer oder Dreikant-Feile einfache umlaufende Rillen im Griffbereich zu machen. Alternativ kann man auch einfach ein Stück Rauhleder um den Stab nähen und mit Leim oder Nägeln fixieren. Schlaufen zur Handabstützung mache ich keine – das widerspricht dem Prinzip des schnellen Umgreifens.

Für die Geflechte braucht man lange dünne Lederriemen, Fantasie und etwas Kenntnisse im Flechten und/oder Makramee. Ich flechte und knüpfe immer im dünnen Bereich, also am unteren Ende, bis die gewünschte Länge erreicht ist. Dann fette ich den Stab mit einem Lederfett ein und schiebe alles bis nach oben. Dadurch wird das Geflecht viel dichter gespannt, was schon allein zur fixierung reichen würde. Aber ich schlage immer oben und unten zusätzlich noch ein paar kleine Nägel vorsichtig in die Flechtung. Je nach System kann man das sogar verdeckt unterbringen.

Und dann – ab in den Wald oder auf den Berg. Die Glätte der Lederbänder im Griffbereich ergibt sich dann mit der Zeit automatisch und sorgt für den “gebrauchten” Look.

Für lange Touren praktisch: Ein Riemen mit zwei Schlaufen in Stabdurchmesser, die ich einfach von unten auf den Stab schiebe. Damit kann ich mir den Wanderstab umhängen, auf Strecken wo ich ihn nicht brauche, oder wo ich beide Hände frei haben muss (beim klettern zum Beispiel).

Pflege:

Griffbereich zeitweise mit Lederfett einfetten, und den unteren Bereich des Stabes, der am meisten durch Äste und Steine beansprucht wird zeitweise mit Leinöl einlassen.

Der neue Wanderstab:

2014-07-04: Ein neuer Wanderstab, diesmal rustikaler

Warum Wanderstab?

Es gibt doch einfach diese Alu-Stecken, die man auf die Körpergröße anpassen kann…?

Ich hab dafür mehrere Gründe:

Guter Halt – auch ohne Handschlaufe. Da ich den Griffbereich immer großzügig dimensioniere kann ich einfach umgreifen – wenn ich bergaufgehe kürzer, bergab länger. Durch den Griff variiere ich die Länge des Stabs, ohne lange am Alu schrauben zu müssen – das geht automatisch.

Stabilität – kennt ihr die Bilder von Schifahrern, die noch mit dem einzelnen Stock bremsen? Schwarz-Weis, lang isses her. Funktioniert aber auch mit einem Wanderstab, und mit Schistöcken oder modernen Alu-Sticks – NICHT. Das Ding bricht weg. Ein Holz-Wanderstab stoppt dich auch wenn du auf einen Hang abrutscht und ihn einfach bis zum nächsten Baum quer hältst (selbst ungeplant getestet *ggg*) – naja, zu schnell sollte man nicht werden.

Dauerhaft – gerade aus den oben genannten Gründen bricht ein gekaufter bald, oder kriegt Kerben, Knicke…. Meine Wanderstäbe sind jetzt – nicht nur bei mir – seit bis zu 20 Jahren in Verwendung. Ein paar Cuts haben die auch schon davongetragen – etwas Leinöl und sie sehen wieder aus wie neu.

Gewicht – ok, der Prügel den ich seinerzeit für meine Tauernüberquerung verwendet hab ist kein Leichtgewicht.  Inzwischen hab ich aber schon mit weit schlankeren experimentiert – mit Erfolg

Lastwechsel/schmale Grate – geübte Walker legen sehr viel Gewicht auf beide Stöcke. Ich hab schon Könner gesehen die sich damit über Geröllfelder fast katapultiert haben.  Hier ist der Wanderstab natürlich im Nachteil. Man muss zeitweise den Arm wechseln um die Belastung auf einer längeren Tour gleichmäßig zu machen. Aber: ich hab auch schon gehört das Menschen Probleme mit schmalen Graten im Gebirge hatten – so gewöhnt dran sich rechts und links abzustützen das ein Fehlen der Möglichkeit schon ein Problem darstellt. Wiederum erfahrungsgemäß – ein Wanderstab unterstützt dich, aber es verleitet dich nicht eine neue Fortbewegungsart zu werden.

Traditionell – nun, mit meinem neuen Stab kann ich mich auch in mittelalterlichem Ambiente sehen lassen. Aber das ist halt nur meine persönliche Präferenz.

Mein Tipp daher: Wanderstab statt Nordic Walking-Alu-Dings…

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