Wie baut man ein Messer?Der erste Schritt ist: such dir eine Schmiede und lerne Messerschmieden. Hab ich gemacht, einige Schritte überspringend hab ich gleich mit dem Damaszener-Schmieden angefangen *ggg*. Und möchte das bei Gelegenheit auch wieder fortführen, davor aber mal mit “einfachem” Schmieden. Meinen Kurs hab ich in Ybbsitz im Hammerwerk von Sepp Eybl unter der Leitung von Wolfgang Scheiblechner gemacht, sehr zu empfehlen, auch als Anfänger kommt man mit.
Schmieden ist eine faszinierende Arbeit – nur leider nichts was man in einer Wohnung machen kann. Aber es lohnt sich echt es mal unter Anleitung zu probieren. Aus einem – oder mehreren Stücken Stahl wird durch feuerverschweißen oder einfach nur ausschmieden etwas Brauchbares. Die größte Überraschung dabei war aber etwas ganz Unerwartetes: Ich dachte immer Schmieden sei was schweißtreibendes. De Fakto sind, zumindest alte, Schmieden trotz der Öfen relativ kalt. Das haben die Altvorderen auch bewusst so eingeplant, abgesehen davon das man Schmieden immer an Wasserläufen findet weil die großen Hämmer früher mit Wasserkraft betrieben wurden.
Kann man nur in einer Schmiede schmieden?
Jein. Natürlich kann man auch mit einer kleinen transportablen Esse arbeiten. Einschränkung dabei: die Größe des Werkstücks, und das Tageslicht. Schmieden sind zumeist relativ finster, was seinen Grund hat: im Dunkel erkennt man genauer welchen rot-orange-gelben Farbton das Werkstück angenommen hat – und kann so präzise bestimmen wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist das Ding schnell aus dem Feuer zu nehmen. Stahl kann man nämlich auch verbrennen, das geht dann los wie ein Sternderlspritzer – und dann ist das Werkstück meist im Eimer.
Nach dem Schmieden kommen noch 2 wichtige Schritte für ein brauchbares Messer: Härten und Anlassen. Beim Härten wird das Werkstück nochmal auf ca. 800 Grad erhitzt (ziemlich orangerot) und dann in Wasser oder Öl abgeschreckt. Achtung: jetzt ist das Messer ziemlich fragil, der Stahl bricht leicht. Bei Messern kann man auch durch eine Teilabdeckung mit Lehm teilweise härten, dadurch kriegt man eine scharfe Klinge bei gleichzeitiger Flexibilität und damit Bruchsicherheit des Stahls am Rücken.
Danach wird das Metall nochmal angelassen (dafür reicht schon das normale Backrohr). Einige Zeit bei ca. 300° “entspannt” das Metall wieder, damit verringert sich die Bruchgefahr wieder.
Bei Damaszener-Stahl (also geschichtetem Stahl) wird die Klinge nach dem polieren noch mit Schwefelsäure geätzt damit die Musterung sichtbar wird. Zur Not geht es aber auch mit Essig oder Zitronensaft.
Die Alternative: kaufe eine fertige Messerklinge. In Zeiten des
Internets kein gröberes Problem, mein Lieblingshändler Brisa sitzt in Finnland. Im Vergleich mit einem kompletten Messer sind die Preise selbst mit Versand harmlos. Dabei muss man wählen: will ich eine authentische Klinge – die kann rosten. Oder will ich das Messer wirklich bei Regen und Wetter im Garten, zum Schwammerlsuchen oder Wanderungen einsetzen. Dann sollte man eine rostfreie Kinge bevorzugen. Bei Brisa gibt’s den Hersteller “Enzo” der hervorragende Klingen aus AUS8-Stahl herstellt, präzise und formschön. Und auch nach längerer Benutzung scharf wie am ersten Tag. Und seit ich mir mal im Gebirge bei einem ungeplanten Abstieg den Weg durch einen dornigen Hang schneiden musste bin ich wirklich überzeugt.Zur Schärfe hab ich meine eigene Philosophie: Messer nur zur Zierde brauch ich nicht. Wenn dann soll das Ding schön – und brauchbar sein. Rostfrei oder nicht – schneiden muss es. Und sei es nur das Semmerl.
Der Griff
Mit der Klinge ist es ja noch nicht getan. Eine Griff brauchen wir ja auch noch. Holz, Metall, Horn – alle Kombinationen sind möglich. Das Holz sollte möglichst hart sein, ich habe bisher mit Eibe, Apfel, Kirsche, Goldregen und Weinstöcken gearbeitet. Hier sehen wir verschiedene Beispiele. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, ich arbeite gerne Inlays aus anderen Holzsorten oder Stein ein. (oben Eibe, Wurzelstock mit Inlays aus einem Weinstock, links Kirsche) Im Sommer möchte ich in der Bockschen Werkstatt einen Email-Kurs machen, mir schweben da emaillierte Inlays für den Griff des selbstgeschmiedeten Messers vor.
Dünnes Messing und andere Metalle kriegt man z.B. bei Conrad in der Modellbauabteilung. Um an dickere Teile heranzukommen hab ich auch schon mal schwere Messing-Schlüsselanhänger gekauft und umgearbeitet. Vielleicht nicht die günstigste Quelle, aber die waren halt zur Hand.
Selbst aus einem alten Küchenmesser das wir in einem Blumentrog im Garten ausgegraben haben kann man so wieder ein Schmuckstück machen. (li.) Wäre seinerzeit fast schief gegangen, hatte die Spitze fast in der Hand beim ausräumen des Trogs. Jetzt ist es ein ideales Schwammerlsucher-Messer. Über das Holz hab ich zuerst etwas geflucht, an der Oberfläche war das nämlich dicht, erst beim Abschleifen kamen die Risse zum Vorschein.
Tropenhölzer verwende ich nicht gerne. Zwar sind diese zum Teil härter und weisen oft interessante Maserungen auf – aber eine heimische Zwetschke kann damit durchaus mithalten und braucht nicht von weither importiert werden. (siehe auch Holz)
Wie bei den meisten Holzarbeiten schleife ich mit immer feinerem Papier bis Körnung 800 und poliere dann mit Stahlwolle 000. Zum Versiegel nehme ich wie gewohnt Leinölfirnis, und ganz zum Schluss eine Schicht Hartwachs.
Die Scheide
Man sagt: ein Messer ist erst fertig wenn auch die Scheide fertig ist. Stimmt auch irgendwie, weil man sich sonst schwer tut beim verletzungsfreien Herumtragen. Grundsätzlich kann man vier Arten unterscheiden: reine Lederscheiden, Scheiden mit einem Holzkern der mit Leder überzogen wird, Metallscheiden und Kunststoff. Letzteres verwende ich nicht. Damit sieht das kleinste Messer wie Rambos beste Freundin aus.
Reine Lederscheiden mit einem Keder (ein Lederstreifen bei der Klinge) zum Schutz der Naht lassen sich genau an das Messer anpassen, schön verzieren und sind, mit Bienenwachs behandelt, praktisch wasserundurchlässig. Zudem halten sie das Messer meisten auch ohne zusätzliche Verschlüsse und Laschen. Die Naht mach ich mit einer Schusternaht, vorgestochen mit einer Rundahle, dann mit Stahlborsten vernäht. Jeder Stich ist daher extra verknotet. Der Faden ist allerdings nicht mittelalterlich, das ist gutes modernes Schustergarn und reißt deshalb nicht so leicht.
Scheiden mit Holzkern sind für größere Kaliber ideal. Gerade im Mittelalter-Bereich tendiert man ja zum Schwert, zur Hauswehr, zum Sax. Mit reinen Lederscheiden ist da nichts praktikables zu verrichten, alternativ kann man sich unter Umständen mit Verstärkungen aus Metall behelfen.
Reine Metallscheiden bringen zwei Nachteile mit sich: stößt die Klinge an das Metall wird sie stumpf, und leere Scheiden kann man versehentlich verbiegen, ev. sogar brechen. Ob ich sowas jemals bauen werde…eher nicht.
Für mein selbstgeschmiedetes Messerchen bastle ich gerade an einer Scheide mit Holzkern, den Fortschritt könnt Ihr hier beobachten:
Zeit ist vergangen, und ich habe einiges ausprobiert. Meine Abneigung gegen Kydex-Scheiden hab ich abgelegt, auch damit kann man nette Dinge machen. Leder bleibt aber immer noch mein Favorit – und die Enzo’s aus Finland. Seit ich hier zuletzt geschrieben habe gibt es das Trapper von Brisa auch aus S30V CPM Stahl, also pulvermetallurgischen rostfreien Stahl (teuer, aber gut) und Sandvik 12C27, einem schwedischen Messerstahl (hier sind wir eher preiswert unterwegs). Eine länger Version in 11,5 cm Klingenlänge ist auch schon erhältlich.
Als Auftragsarbeit hab ich eine neue Scheide für ein Trapper gebaut. Und ich bin stolz, die gleichmäßigste Naht die ich je genäht habe. Inspiriert wurde es von der Ray-Mears-Scheide, allerdings mit einigen Modifikationen. Gürtelschlaufe hinten statt am unteren Rand weil ich es komisch finde, keine Schlaufe für ein Firesteel weil das kein Thema war. Dafür eine Schlaufe an der oberen Kante, um es als Neck-Knife tragen zu können, verstärkt mit Kydex, dient gleichzeitig als Daumenstütze um das Messer leichter einhändig ziehen zu können auch wenn es frei schwingt. Die Gürtelschlaufe würde ich in einer eigenen Version noch überarbeiten…
Und hier meine eigene Version, aufgebaut als Tutorial:
2013-05-30: Hier sind die Bilder von einer Machete die ich für einen Kollegen umgebaut habe: neuer Griff aus Ahornholz, und eine ordentliche Lederscheide damit das Ding etwas ansehlicher wird.
2013-12-16: Hier ein paar Bilder meiner letzten Arbeit:
2014-05-18: Wieder ein paar Bilder, hier wie man ein Bajonett zu einem Landsknechtmesser umarbeitet:
2014-06-03: Ein Messer für Eva, wieder ein neues Werkstück, mit einer rostfreien Lauri-Klinge und einem Griff aus Holz vom Perückenstrauch.
2014-07-04: Neue Auftragsarbeiten
2015-02-03: wieder mal ein “kleines” Messerchen fertig:
2015-05-28: Und das nächste, ein schönes “Vogelmesser”:
Links:
Update: nachdem ich wieder mal schmieden war – aber diesmal nicht auf Messer – werde ich wohl die Seite mal teilen – Messerbau / Schmieden extra
Hallo,
ich habe folgendes Problem. Ich habe ein Messer über eine befreundete Mittelalterbekannte aus Fb gekauft. Heute per Post angekommen, stellt es sich herraus, das es richtigerweise um ein Bajonette von einer AK 46 ist. War auf dem Foto nicht ersichtlich, da es vom Griffstück her, im Stil eines Landsknechtsmessers ist. Meine Frage, da das Griffstück nur neumodisch geschraubt ist und die Klinge meines erachtens ein solider Stahl ist, und die Klinge super scharf ist, kann man das so umfunktionieren, bzw. das Griffstück das es im Stile Anfang 15.Jhd ist. wir machen Darstellung im Bereich 1480/90. Und irgendwie aus der Klinge die Prägung herrausschleifen oder ätzen lassen?
Lg Matthias Wimmer