Schusterarbeiten

Mal ein Paar Gamaschen für den Anfang.

Die Entwicklung der Schuhe

Etwas Theorie zum Thema. Da ich kein ausgebildeter Schuster bin möge man mir kleine Fehler verzeihen. Was Absicht ist: ich habe die Skizzen zum besseren Verständnis stark vereinfacht, und habe die vielen Möglichkeiten des Schuhaufbaus in modernen Schuhen komplett ausgelassen. Ebenfalls weggelassen habe ich die Möglichkeit Sohlen aufzukleben. Obwohl eine Notreparatur mit einem Harzgemisch möglich ist – lange kann das ohne vernähen nicht halten, und mit modernen Klebstoffen kann es was die Wasserfestigkeit betrifft auch nicht mithalten. Und Kunststoffsohlen lasse ich auch mal einfach weg.

Schuhwerk – wir denken heute nicht besonders darüber nach wie die Dinger eigentlich

entstanden sind. Angefangen hat es mit einem Stück Leder und ein paar Schnüren. Halbwegs zugeschnitten – bei römischen Latschen sogar mit viel Hirn dahinter – ergibt sich der klassische Bundschuh. Der in dieser Form sicher von Steinzeit bis zur heutigen Zeit nie ganz aus der Mode gekommen ist – als einfacher Schutz der Füße. Schnell und einfach hergestellt, aber halt auch bald mal durchgelaufen.

Ältester bisher gefundener Schuh

Der bisher älteste Fund dieser Art (ca. 4000 B.C.) sieht so aus, hier gibt es aber auch schon eine zusätzliche Naht an der Ferse:
© und Link: PLoS One

Schon seit der Jungsteinzeit (Ötzi lässt grüßen) hat man Oberleder und Sohlenleder verwendet.

Einfach durchgenäht geht das gut bis das Nahtmaterial durchgelaufen ist. Darum hat man schon sehr früh mit zwei Varianten gearbeitet: Entweder unten in die Sohle eine Rille  machen in der die Naht verschwindet, oder man näht seitlich durch die Kante der Sohle. Bei einer dicken Sohle hält das relativ lange. Auch meine aktuellen Schuhe sind so genäht, das Prinzip findet man bis heute immer wieder. Ganz ideal war es aber auch nicht – wie immer bei Schuhen wenn die Sohlennaht zu exponiert ist. Und man muss den Schuh komplett auseinandernehmen will man die Sohle tauschen. Flicken ist aber immer möglich – und wurde auch gemacht.

Ötzis Schuh mit Innenschuh
Oetzi re Schuh, Rekonstruktionszeichnung

Bei Ötzi, ca. 3350 B.C. sieht die Geschichte so aus:

©Südtiroler Archaeologiemuseum

Interessant bei diesem Fund sind neben dem elaboraten Innenschuh die überkreuzten Lederriemen, die das Ausrutschen auf Schnee und Eis vermindern. Sozusagen die ersten Schneeketten 😉

Kurz habe ich die Römer erwähnt: Dort soll es sogar bereits rahmengenähte Schuhe gegeben haben – ich finde jetzt aber momentan keine glaubwürdigen Links dafür. Halbwegs einigen kann man sich aber darauf, dass diese Technik mit dem römischen Reich untergegangen ist.

Im Frühmittelalter kamen dann zusätzlich zu den oben genannten Varianten wendegenähte Schuhe auf.

Einfache Modelle funktionieren so:  Oberleder und Sohle werden mit der Hautseite aufeinandergenäht, dann dreht man die ganze Geschichte um. Dadurch wandert die Naht nach innen. Diese Methode wirft aber zwei Probleme auf: zum einen darf weder Sohle noch Oberleder besonders dick sein (sonst klappt das wenden nicht mehr, bei der Sohle liegt die Schmerzgrenze ca. bei 3 mm), zum anderen wird durch die Konstruktion das Leder um die Naht nach außen aufgedrückt. Die Schuhe werden daher so nicht besonders dicht. Und wiederum: um die Sohle zu tauschen muss man den ganzen Schuh zerlegen.

Eine Abhilfe schafft das miteinnähen eines Lederstreifens, ein sogenannter Keder.

  Der bewirkt zwei wesentliche Dinge: die Kante wird stabiler, der Schuh klafft an dieser Stelle nich so auseinander – dadurch ist die Naht besser geschützt, und man kann den Schuh eher mit Harz und Wachs dicht bekommen.

In Arbeit: erste Versuche mit wendegenähten Schuhen

Neue Entwürfe:

Irgendwann, ca. um 1300 n.Chr., vielleicht auch schon etwas früher, kam jemand auf die Idee den Streifen breiter zu lassen.

. Gewendet stand dieser dann ein Stück rundum vom Schuh ab. Und an dieser Kante kann man dann auch eine zusätzliche Sohle annähen. Was im Grunde bedeutet: wir haben hier einen wende- und rahmengenähten Schuh 😉 Dieser seltsame Hybrid (den ich mir in nächster Zeit mal bauen will) brachte den wesentlichen Vorteil das man die Laufsohle und deren Nähte problemlos tauschen oder reparieren konnte – ohne den ganzen Schuh zu zerlegen. Eigentlich eine gute Idee, oder? Nur, wie findige Schuhmachen sicher einfach im Laufe der Zeit festgestellt haben: unnötig kompliziert. Die “Innensohle” – heute zur Brandsohle geworden – musste nicht so dick sein wenn man locker eine beliebig dicke Laufsohle aufnähen konnte.

Dadurch war irgendwann, kaum 100 bis 150 Jahre später, der Weg frei für den rahmengenähten Schuh wie wir ihn heute noch kennen.

. Hier wird der Schuh nicht mehr gewendet, sondern einfach die dünne Brandsohle, der Rahmen und das Oberleder verbunden, und wenn alles fertig genäht ist einfach die Laufsohle drangenäht. Zwischen Brandsohle und Laufsohle kommen heute noch zwei Dinge: eine Feder die den hinteren Teil des Schuhs versteift, und eine Stoßdämmung aus Kork oder Ähnlichem. Mit der Trennung von Brandsohle und Laufsohle war auch der Weg frei für Absätze aller Art, obwohl ich mich auf diese Aussage nicht versteifen würde: einen Absatz könnte man früher auch schon durch die Sohle annageln. Aber die meisten Funde sind nun mal absatzlos.

Leisten

Nimmt man ein Stück frisch gegerbtes Leder und schneidet man den Schaft zu wird man eines sehr schnell feststellen: Durch das Aufspannen zum trocknen ist das Leder – flach. Wirf man dann zum Vergleich einen Blick auf den eigenen Fuß wird schnell klar: der ist 3D, und auch sonst von eher unregelmäßiger Form. Wie also das zweidimensionale Leder in diese Form bringen?

Die Antwort ist auch schon etwas älter, auf Wikipedia hab ich dieses Bild gefunden:

Alemannische Leisten, Oberflacht, 7. Jhdt

Diese Holzstücke, die einem geglätteten (und etwas überdimensionierten) Fuß nachgebildet sind, (heutzutage aus Kunststoff, früher ausschließlich aus Holz) helfen dem Schuster das Leder in Form zu bringen. Dazu wird das Oberleder zusammengenäht, feucht gemacht und dann mit vielen kleinen Nägeln und einer Zwickzange auf den Leisten gespannt, vorzugsweise so das es an den Rundungen vorn und an der Ferse keine unschönen Falten wirft. Beim Trocknen behält das Leder dann diese dreidimensionale Form.

Bei modernen Schuhen kommt zuerst mal die Brandsohle unten auf dem Leisten, dann wird erst das Leder aufgezwickt.

Ohne Leisten geht es zwar auch irgendwie, meistens sieht der Zehenbereich dann aber eher unförmig aus.

Nachteil der Arbeit mit Leisten: im Grunde braucht man für jeden Fuß einen eigenen Leisten. Zumindest für jede Schuhgröße. Mein momentaner Kompromiss hier: ich verwende einen hölzernen Schuhstrecker um zumindest den Zehenbereich in Form zu bringen. Mal sehen wie das klappt.

Schusterpech

Nun, die Rezepte variieren. Dabei muss man auch beachten was überhaupt als “Pech” zu betrachten ist. Sammeln am Baum – nö.  Das ist schon ausgehärtet und lässt sich nur mehr zu Kolophonium verarbeiten. Vermutlich bewegt sich das mit der Pechgewinnung etwas zwischen Teer und Pech – sprich gezielt Fichtenholz oder Kieferholz unter Luftabschluss anheizen. Sofern das unter 160 ° erfolgt verdampft das natürliche Terpentin nicht, und es bleibt flüssig. Somit als Firnis – oder für Schusterpech zu verwenden. Mein gesammeltes Kiefernharz wird erst irgendwo bei 200° flüssig und klumpt dementsprechend schnell in der restlichen Mischung. Die flüchtigen Bestandteile die noch enthalten waren haben aber auch ein gutes Ergebnis geliefert.

Einige neue Arbeiten:

Pampooties

Sohlen für Filzschuhe

Leicht erhöhte Klox mit Ledersohle

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