Leder

Nicht mittelalterlich: Mokassins

Riemen, Taschen, Beutel, Köcher, Scheiden, Schuhe, Gürtel…Leder ist für mich nach Holz einer der vielseitigsten Materialen die es gibt.

Wirklich auf Tuchfühlung ging es bei zwei Schuhmacher-Kursen die ich belegt habe, einmal bei den Waldviertler Werkstätten (dabei entstanden meine Lieblings-Wander-Waldviertler), einmal in Wien, beide Male bei Toni Schuster (Nomen est teilweise Omen). Einerseits haben mir die Kurse das Schusterhandwerk nähergebracht, andererseits das Handwerkszeug für’s Ledernähen allgemein.

Von der Haut zum Leder

Messerscheide, geformt

Leder beginnt mit der Haut eines Tieres. Sorry, vegan geht da nichts auch wenn die Waldviertler auch schon derartige Modelle anbieten. Durch die Einlagerung der Gerbsäure werden die meisten Eiweise in der Haut entfernt oder haltbar gemacht. Unterscheiden kann man vegetabile Gerbung und chemische, wobei beide Varianten auch unterschiedliche Eigenschaften beim Endprodukt bewirken. Gerben ist ein sehr geruchsintensiver Prozess, die meisten Substanzen giftig oder zumindest aggressiv, darum waren Gerbereien meist außerhalb der Orte plaziert. Und es ist ein Arbeitsschritt den auszuprobieren mich bislang eigentlich nicht reizt.

Wer sich trotzdem mit dem Thema befassen will findet hier eine kleine Übersicht:

http://autarkie-tippsundtricks.blogspot.com/2010/05/gerben.html

Leder besorgen

Armschutz und Tab, geprägt und gewachst

Mir fallen so drei Quellen ein: Gute Freunde die alte Lederkleidung, Ledermöbel etc. entsorgen wollen bzw. Flohmärkte. Da kriegt man oft “antikes” Material, selten aber dickere Lederstücke. Der Fachhandel/Internet. Eigentlich eine Schande, aber in ganz Wien gibt’s inzwischen kein Geschäft mehr, da muss ich schon nach Strasshof zur Firma Herfort (auch Werkzeug) oder zur Firma Leder Moser in Wr. Neustadt. Dort kann man sich auch große Stücke in gewünschter Stärke aussuchen. Hat aber natürlich seinen Preis. Als dritte Möglichkeit arbeite ich oft mit Lederresten von den Waldviertlern, die diese günstig abgeben. Vermeidet Verschwendung, und ich hab auch was davon. Es ist zwar immer einiges dabei was unbrauchbar ist, aber auch immer schöne große Stücke.

Aber vielleicht kennt Ihr ja Jemanden der günstig…. *hint*.

Schneiden

"Mittelalterliches" Handytascherl

Ist keine große Hexerei. Ein scharfes Stanley-Messer (sollte eher eine stabile Metall-Ausführung sein), ein Schneidbrett, ev. auch ein richtiges Ledermesser. Mehr braucht es nicht. Ganz dünne Leder schneide ich auch mal mit der Schneiderschere. Für ganz kleine Zuschnitte hab ich mir auch noch ein kleines Skalpell zugelegt.

Beim letzten Kurs in Asparn an der Zaya haben wir auch mit Feuersteinsplittern geschnitten, die Dinger sind erstaunlich scharf und halten die Schneide ziemlich lang, hat für den Ausschnitt mehrerer Taschen gereicht.

Kleben

Schuhsohlen, aber auch andere Stücke kann man mit Pattex Kontaktkleber zusammenführen. Ist vorallem dann nötig wenn die Teile (wie bei einer Schuhsohle) beweglich bleiben sollen. Will man jedoch z.B. eine Kante steif versiegeln, z.B. bei einer Tasche oder einer Messerscheide verwende ich auch einfach Superkleber. ACHTUNG: Leder verhält sich da wie menschliche Haut – es verklebt in Sekundenbruchteilen. Auch mit den Fingern…

Nähen

Stahlborsten herrichten

Grundsätzlich sind alle Stiche erlaubt die man auch beim normalen Nähen verwendet. Wenn es aber belastete Nähte sind, die die Kanten von Taschen oder Messerscheiden mach ich die klassische Schusternaht. Einfach die Abstände markieren und mit der Ahle vorstechen. Mit der gebogenen kann man auch halb durch das Leder durchnähen, z.B. damit die Naht der Schuhsohle nicht mit dem Boden in Berührung kommt. Wichtig: sticht man durch eine bereits bestehende Naht, z.B. bei einer Reparatur, so arbeitet man mit der Rundahle, die zerschneidet nicht den bestehenden Faden. Die Schusternaht wird mit zwei Fäden gegenläufig genäht und in jedem Stich verknotet. Somit reißt nicht die ganze Naht wenn irgendwo der Faden reißt. Nähen tu ich mit Stahlborsten. Diese sind viel dünner und flexibler als Tapezierernadeln.
Nachteil: die Qualität der Borsten ist bescheiden, das geben selbst die Lieferanten zu. Eine Nachbehandlung mit der Feile ist daher unumgänglich, ich hab hier ein paar Bilder davon reingestellt.
Als Garn verwende ich synthetisches Schustergarn. Sorry “A”-Fraktion, aber ich möchte a) ordentlich anreißen können beim nähen b) soll es eine Weile halten. Um den Faden ordentlich strammzuziehen wickelt man ihn um die linke Hand (dort solle man einen Lederschutz verwenden) und rechts um den Griff der Ahle.

Prägen, Modellieren, Formen, Schneiden, Patchwork

Bogenköcher, Lederpatchwork
Scheide geprägt und geformt, ein Geschenk
Messerscheide, Leder unterlegt und geformt

Schon beim nähen kann man, z.B. für Messerscheiden, das Leder einige Zeit ins Wasser legen und dann in die nötige Form nähen und spannen. Auch für alle anderen Oberflächengestaltungen sollte das Leder nass sein. Auch hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, ich hab auch schon dünnere Lederschichten mit zugeschnittenen Lederstücken unterlegt und dann auf diese Unterlage hin modelliert. Für Strukturen und Muster kann man sich sog. Beveller zulegen, die es in verschiedenen Formen gibt. Die Muster selbst werden dazu mit dem Swivel-Messer vorgeschnitten, anschließen prägt man mit den Bevellern die Kanten und Muster. (Hier sollte man Nachbarn mit guten Nerven haben.)

Pfeilköcher

Ganz individuell wird es wenn man mit selbstgemachten Prägestempel arbeitet, ich schneide mir diese mit dem Dremel aus möglichst harten Messing-Rundstäben heraus. Das ist allerdings wirkliche Milimeterarbeit, aber so ist z.B. mein Markenzeichen, der Bär entstanden. Durchmesser ist 8mm, der angelötete Querbalken hilft mir beim punzieren den Bären immer gleichmäßig gerade zu halten. Was ich auch schon gemacht hab sind vernähte Patchwork-Muster aus verschiedenfarbigen Ledern (hier kam die Waldviertler-Restekiste zum Einsatz).

Oberflächenbehandlung

Bären-Punzierstempel

Naturbelassenes Leder kann man am Ende mit Lederfarbe einfärben, damit habe ich aber noch nicht experimentiert. Oder man verwendet bereits farbiges Leder, dann erübrigt sich dieser Schritt. Ich verwende dann meistens nur ein Lederfett als Finish. Eine andere Möglichkeit um Leder dicht und auch stabiler zu bekommen ist Bienenwachs. Ich mach das so: Papier auflegen, drauf mein Werkstück. In einer feuerfeste Schale mach ich mit dem Brenner ein Stück Bienenwachs flüssig und streiche es schnell mit einem steifen Pinsel auf das Leder, so daß sich eine dünne Schicht bildet. Dann schieb ich das Stück samt dem Papier ins Backrohr und lass es bei 160° und Umluft solange drin bis sich alles verflüssigt und eingesogen hat. Ev. Überreste kann man nach dem auskühlen mit einem Tuch wegpolieren. Achtung: die Farbe des Leders ist dann – praktisch egal wie die Ausgangsfarbe war – dunkelbraun. Aber es ist steifer und 100prozentig wasserdicht. Im warmen Zustand kann man es übrigens dann auch noch etwas formen. Auf Verbrennungen achten, das Wachs ist heiß.

2013-12-22: Eine Lederbox, rot gefärbt, als Ablage:

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