Oft gibt es alte Texte und Gedichte, die nicht in Vergessenheit geraten sollen. Mein Vater hat uns aus dem Nachlass seines Onkels den Folgenden zur Verfügung gestellt:
Die verhängnisvolle Sau
Beim Fischer z’Gröpfing hab‘ns de Wocha
A mächtig schware Sau og’stocha.
Er und sie, zwoa brave Leut
Hab’n damit an Eselsfreud,
lachen übers ganze G’sicht,
denn zwoa Zentner hat’s im G’wicht.
Wia’s so daliegt als a tode,
der Speck der weiße und des Fleich des rote,
da sagt er: „Des wird an Fressen!“
Und dann hab’ns es no‘ bemessen
ob’s in Winter durikemman,
wann’s all Tag a Kilo nehman.
„D’Hälftscheid brat man und des oan
Müass man halt in Raupfang toan.“
Moant dann sie: „Es wird schon gehen,
geh, da klecka ma ganz schen.“
„Guat“, sagt er, „dann wird i’s‘ packa
Und wir s’Nutscherl sauber z’hacka.“
Bind si’n Fürfleck um den weißen
Und fang an die Sau zum z’reissen.
Schlau tuat’s eahm, die Gschicht geht prächtig,
denn sie hülft ihm a bravmächtig,
straht recht Salz drauf, auf des Schweina,
bringt hernach den Bottich eina,
weil des G’selcht, des wass guat g‘nur,
acht Tag lieg’n muaß in der Sur.
‚s Bratlfleisch des kommt auf d’Seiten.
Auf der Anricht auf der zweiten
Liegt a ganzer Hauf’n Speck,
dann die Darm mitsamt’n —Dreck,
denn die wer’n auf z’letzt erst putzt,
weil man sich da gern beschmutzt.
No, a bisserl derf’s ja hunzen,
um des besser schmeckan d’Blunz’n
Von der Hand geht’s allen zwoan
Und endlich san’s dann fertig wor’n.
„Du,“ sagt er zu ihr „verstehst
Wannst a Bröckel braten tätst,
i hab grad an Gust drauf!“
„No,“ sagt sie, „jetzt hörst ma auf,
an an Wochentag an Braten?
Na mei Liaber, des muast graten.
Dass da schmeckert wa ka Wunda
‚Bratl kriag ma erst am Sunda.“
So sogt er darauf im G’spaß
Weil er’s kannt und recht guat waß,
dann ka Widerred vertragt:
„Mi hätt halt grad der Gusto plagt,
Weiberl, nimm ma’s net für übel.“
Wie’s dann gleichdrauf mit an Kübel
Speck is in d’Kuchl aussiganga
hat er sie a Fleisch herg’fanga
und hat des Trum in aller Eil
g’schwind wo zuwig’steckt daweil.
Wia sie s‘ kemma wieder eina
Moant’s: „ hat mehr herg‘schaut des Schweina!“
Eahm is‘ gleich die Farb a’grennt,
aber Sie hat doch nix kennt.
Wia’s dann Feierab’n haben g’macht
Sagt er zu sein Weib auf d’Nacht:
„Nach der Arbeit g’hört an Ruah
Und an Tröpfl Bier dazua.
I geh jetzt a wenig zum Wirt!“
Hat sich noch recht freundli pfiat.
Holt des Fleischtrum, des versteckt,
was für zehn Personen g’legt,
sagt natürlich ihr ka Wurt
und geht ganz pomali furt.
Geht zum Wirt dann voller Freud,
setzt sie zu an Tisch voll Leut
und fangt dann laut an: „ Meine Herrn,
heut wird’s von mir amal was hörn.
Wer heut wüll is‘ eingeladen
Auf an Bröckl Schweinabraten,
dös Trum Fleisch wüll i spendiern,
braucht sich kaner net geniern.
Mir hab’n heit a Sau og’stochn!
Wirtin, tuat‘ es nur glei kochen,
auf des Bröckl geht’s net z’samm
weil ma ah noch Häufti hab’n.“
„Bravo, bravo, des is gscheit,“
Schrein geli alle voller Freud,
die um eahm herum san g’sessen,
„heut gibt’s umasonst was z’essen,
Hoch der Fischer, der soll leb’n
Und die tote Sau daneben!“
Geht’s umsonst, dann brauchst neamd nett’n,
alle fressen, dass eah d’Fetten
bei der Papp’n obirinnt
jeder denkt sich, nur sche g’schwind,
wia’s in da Schüssl umafischn,
jeder möchte des Meist dawischn.
Nachher kummt a Fassl Bier,
dass es obischwabt de Schmier,
denn zu so an guaten Braten
kann man’s Trinken a net graten.
Ganz glückselig lacht der Fischer.
Allweil munt’rer wird’s und frischer,
bis dann alle ganz benebelt,
wia’s halt gar war, ham san g’schnäbelt.
Dooch daweil’s noch guat ham gessen,
trunka hab’n, beinand san g’sessn,
hat’s sein Weib schon inneg’habt,
war der Fischer schon datappt!
Wia ‚s eahm kemma ist dahinter
Wann und wo, des woaß der Schinder,
nur des Sölbige is g’wiss,
dass er schon verraten is!
Voller Freu und ganz glückseli‘,
geht der Fischer ham, der Wöhli,
brummt a Liadl in sein Bart,
ahnungslos was ihn darwart.
Wie er zu der Haustür kimmt
und sein Schlüssel aussanimmt
steckt’n eini in des Schloss.
Sakra, was is denn los?
Jetzt war drinnat bei der Tür
Einwendig der Riegel für.
Höllscheid, denkt er sich, was tua i?
Jetzt hat mi mei Weib, de Furie
Aussigsperrt. Wird do nix wissen.
Und jetzt geht’s dem Fiaxher z’Gwissen.
Wenn i mi met irr so trenzt er,
klopft schön hoamlich jetzt beim Fenster:
„Geh, mach auf, mei liabes Weiberl!
Schlafst denn schon, mein herzigs Täuberl?
Bitt und jammert schier a Stund,
doch jetzt wird’s dem Fischer z’bunt.
Drinnat rührt und rebt sich nix,
sakra, jetzt wird er fix
und fangt nachder an zum schrein:
„Rab’nviech, schlag dir’s Fenster ein,
wennst net aufmachst du Kanaille!“
„Ja,“ schreit sie jetzt aussi „freile,
schlag’s nur ein, mir machts a Freud,
‚sandermal kummst ham zur Zeit!
Hat‘S der recht guat g’schmeckt des Schweina?
Wart, du Lump, heut kummst net eina!
Mit an Rausch kummst ham, du Sau,
z’reissen soll’s dir draßt dein Bau‘.
Wart a wenig, dös war zum lacha,
glaubst leicht jetzt muaßt du d’Sau macha?
Leg di aussi nur in Stall,
Lump, und kumm ma noch amal!“
Bua, des macht den Fischer liacht,
wie er’s Weib so damisch siacht.
‚S Weib, des Luder, bibt net na‘,
denkt er sich, was tua i da?
So geht’s net, dös hat er g’wisst.
Wannst halt eini kammst mit List?
Weil der Bach rinnt da daneben,
sagt er, wart, i nimm mir’s Leben.
Und recht finster und recht schaurig
Schreit er eini jetzt ganz traurig:
„Soll dir Gott die Sünd vergeben!
Pfiat di Gott, i nimm mir’s Leben,
weilst mi net hast eini lossen!“
Nimmt an Stoa, an hübsch an groß’n,
macht vorm Fenster noch am Humpser,
und dann macht’s an rechten Plumpser,
weil der Fischer, muß man wissen,
hat den Stoa ins Wasser g’schmissen
und hat sich in aller Eil
hinter d’Haustür g’steckt darweil.
Wie sie drinn den Plumpser hört,
springt’s glei auf vom Bett und rährt:
„Heiligs End, i hab mas denkt,
hat er sich jetzt glatt datränkt!
Marandjosef, i verzweifel!“
Rennt im Hemad in an Teifel
Aussi bei der Tür zum Ba‘:
„Herrgot is koa Hilf mehr da,
dass man wieder aussi fischen?“
Und daweils des Wetter macht,
hat der Fischer hoamlich g’lacht,
ist g’schwind eini bei der Tür
und schiabt drinn den Riegel für.
Hört dann zu wie’s draußen jammert,
wann’s der Hergot zu sich nahmat,
weil’s halt nimmer leben kann
ohne ihr’n geliebten Mann.
Was all’s tat und was als gäbert,
wenn der guate Mann noch lebert.
Jetzt mact er des Fenster auf
Und schreit aussi nachher drauf:
„Der Himmel hat dein Wunsch erhört,
i bin ja eh noch auf der Erd!“
Jetzt macht sie an Freudenschroa:
„Mann, ja ist’s denn wirklich wahr,
ja lebst denn no, jö des ist gescheit!“
Jubelt und ist voller Freud,
rennzur Haustür hin ganz schleuni‘,
druckt auf’d Schnalln und kann net eini.
„Ja,“ sagt er „nur dass d’es woast,
wo so a Stund da draußen hoast.
Wirst wohl a wengerl draußt bleib’n müassen.
Ist dir leicht scho kalt in’d Füassen?
Haut des Fenster zua, oh Gfrett,
jetzt ist sie drausst, er im Bett.
Jetzt fangt sie zum bitten an:
„Lass mi eini, guater Mann,
denk dir do, ich bin im Hemad,
wann am End jetzt gar wer kemmat.
I dafrier ja, Manderl schau,
zahlt sich aus wegen dera Sau!“
Und wie’s Bitten nix hat g’nutzt,
hätt‘s halt angfangt und hätt trutzt.
Hat dabei vor Kältn zittert,
aber er hat nix dawidert.
Auf amal rennts aufs Fenster hi
Und schreit: „Jetzt datränk mi i!“
„Ja“ schreit er, „des kannst scho toa,
drausst lieg’n eh no häufte Stoa!“
Richtig hört er jetzt an Poscha,
sakra, s’is em do net koscha.
am End hat sie’s wirklich taun.
Wie er traurig und verstimmt
nachher zu der Haustür kimmt –
die Tür war non et so weit offen,
ist eahm sie schon einig’schloffen.
„Gelt,“ sagt’s, „hätt’s dir do derbarmt
Und dann hab’n sa si umarmt,
denn jetzt kannen’s alle zwoa,
dass des Ganz‘ a Unsinn woar.
Leg’n sie g’mütlich dann ins Bett
Und seit dieser Zeit – i wett‘,
wenigstens no net bis heint
hab’n ‚s weg’n dera Sau mehr greint.
Leb’n so glücklich und zufrieden
Seit der selb’gen Unglücksnacht.
Was a so a Sau all’s macht!
Und zum ewgen Angedenka
Hab’n`s a Bild im Zimmer hänga
In an Rahmerl in an prächt’gen,
voon der Sau von der schwamächt’gen
Und wann’s grein will, sagt er: „Frau,
durt schau auffi, durt hängt Sau.
Ich weiß nicht ob das wirklich der Originaltext ist und ich weiß auch bis heute nicht, in welchem Dialekt es eigentlich verfasst ist. Aber ich habe mich bei der Abschrift an ein Manuskript gehalten, das ich im Nachlass meines Onkels gefunden habe .Mein Onkel hat sich in den Nachkriegsjahren als „Alleinunterhalter“ ein Zubrot verdient und bei seinen Abendveranstaltungen immer wieder dieses Gedicht zitiert. Ich habe es so oft gehört, dass ich es fast auswendig konnte. Die wenigen Gedächtnislücken konnte ich jetzt durch das Manuskript schließen.
Paul Pollack
Der Text zum Download: Die verhängnisvolle Sau